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Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Mittwoch, 10. März 2010, 12:18
von Grazer
es gibt gewisse diskussionen in diversen motorradforen, die immer wieder aufkommen und immer wieder darauf hinaus laufen, daß manche angefeindet und als ignorante idioten dargestellt werden, nur weil sie anders denken als die "braven biker"... und irgendwann ist der punkt erreicht, wo ich mir solche diskussionen nicht einmal mehr durchlese, weil's weder einen wert noch eine zukunft hat...

worum's geht? die ewige diskussion um schutzkleidung... warum in drei teufels namen soll jemand nicht in badehose und schlappen am moped hocken? wenn er es so für ausreichend hält, warum nicht? ist doch sein problem, wenn es ihn zerlegt und er dann für's leben gezeichnet ist, oder? und was soll die diskussion von wegen asozial, weil für seine reha-kosten immer auch die anderen auch mitaufkommen müssen? gibt es solche diskussionen auch bei alkoholikern? nein, also warum dann bei uns bikern???

klar hat man es nicht im sack, ob einen nicht so ein vollkoffer in der blechbüchse den vorrang nimmt oder sonstwie zu boden schickt, aber dann soll der auch löhnen ohne ende, dummheit und ignoranz gehören einfach bis ans ende aller tage bestraft, oder nicht? weil in der regel, also ich gehe jetzt mal von mir aus, verhalte ich mich ja relativ vorausschauend und rücksichtsvoll, ich bin ja nicht unsterblich und irgendwie würde ich schon noch ganz gerne so 20 bis 30 jahre noch fahren...

aber wenn dann so ein idiot mich vom bock holt, dann ist es eigentlich völlig egal, ob ich nun in einer mittelalterlichen rüstung oder in jeans und turnschuhen unterwegs bin, denn die ursache an meinem unfreiwilligen abstieg ist die "hilfe" anderer... und dann soll er, und nur er!, für den angerichteten schaden aufkommen! und wenn auch mit schutzkleidung die verletzung vielleicht nicht ganz so wild gewesen wäre, aber kann das jemand garantieren? nein, nicht wirklich, oder?

sicher, es gibt auch immer wieder diese sogenannten "alleinunfälle", aber die kommen nicht von irgendwo, die beruhen im allgemeinen darauf, daß man nicht angepasst unterwegs ist... kies in der kurve ist z.b. im frühjahr vorhersehbar, schön, wenn keiner da ist, aber ich sollte wohl davon ausgehen, daß einer da ist, oder? und daß im herbst laub gefährlich sein kann, ist auch nix mehr neues... und daß dieses sysetm auch ohne spaßverlust funktioniert, beweise ich mir jede saison auf's neue, weil in summe muß ich pro saison vielleicht vier mal schärfer bremsen auf 16.000km, das sagt schon was, oder? und die vier bremsmanöver sind oft nur eine reaktion auf andere hirnlose verkehrsgefährdungen, z.b. blondinen am steuer... aber selbst diese gefährdungen kann man frühzeitig erkennen! und halt die emotionen daheim lassen...

und, ja ich weiß, ich bin kein gutes vorbild, ich geb's ja zu, aber im sommer bin ich auch sehr oft sommerlich gekleidet ohne panzer oder sonstige wehrartikel am bike anzutreffen und ich bin nicht unbedingt immer der langsamste, aber eben dort, wo ich sicher sein kann, daß ich mal am gas drehen kann... und das einzige, das mich dann treffen könnte, ist, wenn wieder mal eine boing ein triebwerk verliert... aber sonst? nun, eine hummel im tiefflug, die reißt nun wirklich keine löcher mehr in meine vergilbte, lederne raucherhaut... oder bricht mir gar den knochen... denn ich fahre, um zu fahren, nicht um zu fliegen!

in diesem sinne: die linke zum gruß! und an alle dosentreiber: wenn der aschinger voll ist, entweder leeren oder auto wechseln, aber um eurer gesundheit willen: laßt die kippen drinnen! sonst brech' ich euch die finger!

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Mittwoch, 17. März 2010, 15:42
von Grazer
ja, heute ist es soweit! leicht staubig steht sie vor mir, dezent nach links geneigt, aufgestützt auf den neckisch weggestreckten seitenständer, sanft schlummernd... ja, gleich geht's los, das erste mal in dieser saison, ich spür' schön langsam, wie eine gewisse aufregung, oder ist es doch vorfreude, irgendwas steigt in mir hoch, läßt mich leicht frösteln...

bedächtig stecke ich den schlüssel ins zündschloß, entriegle die sperre und schalte die zündung ein. die kontrolleuchten leuchten auf, einige verlöschen wieder und dann drücke ich erwartungsvoll den startknopf...

der starter spurt ein, reißt den großen boxer an, ein sanftes schütteln durchläuft die sanft erwachende schönheit, die vergaser füllen sich, die brennkammern werden geflutet und dann... der erste schnaufer, wie von einem gerade erwachenden tier, ein sanfter schlag und ein ruck durch den stahlkörper... dann ein letzter faucher und sie schnurrt, zufrieden, noch leicht unrund, aber glücklich dem schlaf entronnen immer weicher und gleichmäßiger, ein sanfter, vorsichtiger dreh am griff und ein sachtes hochschnellen des zeigers, nicht viel, grad ein wenig, genug zum erkennen, daß das leben wieder in die ehemals schlafende schönheit strömt, sanft und ohne verschlucken... sachte und mit gefühl den hahn schließen, sie sanft warm laufen lassen, grad so viel, bis sie beim nächsten stoß sofort reagiert...

unterdessen ziehe ich mir die dicken klamotten an, helm rauf, handschuhe... und steige auf, stolz wie bei meiner ersten fahrt, ich räkle mich genüßlich im sitz, hebe sie vom ständer und klappe ihn ein...

vorsichtig den choke schließen, immer unter bedacht, daß sie die 1000'er-markierung alleine hält, ohne meine hilfe, kurz den hahn auf und sofort wieder zu, will sie oder will sie nicht? sie will... endlich! man kann es richtig spüren, diese "endlich", die erleichterung, daß die winterpause endlich vorbei ist und sie wieder freien asphalt unter ihren reifen spürt, zwar kalt, aber frei und grenzenlos...

laut und deutlich rastet der erste ein, weich schiebt sich meine sanfte riesin in die freie landschaft, erobert wieder ihren asphalt zurück, läßt mich die freude an der freiheit spüren... und dann nimmt sie fahrt auf, zweite, dritte, vierte, choke ganz zu... fünfte, sanftes schnurren des sechsers... 150Nm schieben uns durch das land, sanft, aber mit nachdruck und ohne kompromiss... die welt gehört endlich wieder uns, mir, meiner sechszylindrigen und der sonne...

zumindest stelle ich es mir so vor, und zwischen vorstellung und realität liegen nur mehr ein paar stunden, dann wird es sich zeigen, ob mir meine schlafende schönheit das übereilte und schlampige einwintern, wenn man es überhaupt so nennen kann, übel nimmt, oder mir verzeiht und mich in die freiheit trägt...

einwintern, welch ein martialisches wort, welche grausamkeit verbirgt sich dahinter? manch einer sieht darin den schutz vor den unbilden des winters, doch andere wiederum sehen darin die qualen des gefesselt-seins, des unbeweglichen, die hölle auf erden... und dazu zähle auch ich! einwintern... nein, eingewintert habe ich sie nicht, eigentlich nur ganz banal in ihrem eigenen staub in die halle gestellt und hektisch das kennzeichen demontiert, mehr war da nicht, kein ladegerät angehängt, keine batterie ausgebaut, grad mal auf den hauptständer gestellt und das war's... wahrlich frevelhaft, wenn ich so daran denke, was andere dagegen tun...

wird sie es mir übel nehmen oder ist ihre sehnsucht nach der freiheit genauso groß wie meine und sie verzeiht mir und springt an? ich weiß es nicht, ich schwanke zwischen hoffen und verzagen, zwischen "wird schon gut gehen" und "du fauler hund, selber schuld"... doch in wenigen stunden weiß ich es... und irgendwie werde ich sie sowieso wieder zum leben erwecken, auf jeden fall, denn heute ist der tag, der tag der freiheit, der wiederkehr ins leben, der wiedervereinigung von geist und seele, die menschwerdung eines winterdeppressiven bikers...

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Donnerstag, 18. März 2010, 21:40
von ernst+resi
Oh Ja! ... seufz...

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Freitag, 19. März 2010, 11:05
von sani_08
Grazer hat geschrieben:bedächtig stecke ich den schlüssel ins zündschloß, entriegle die sperre und schalte die zündung ein. die kontrolleuchten leuchten auf, einige verlöschen wieder und dann drücke ich erwartungsvoll den startknopf...
Hallo, Mario!

Du bist ja ein wahrer Poet!

Beim Lesen erst ein innerliches Schmunzeln, später hebt sich ein Mundwinkel,
irgendwann keimt sogar ein anfänglich zaghaftes Lachen.
Wenige Zeilen später die Erkenntnis "da hats einer kapiert, worums geht",
mit einem Wort: EIN GLEICHGESINNTER!

Ich wünsch Dir eine schöne WE-Runde!!

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Montag, 22. März 2010, 10:42
von Grazer
danke, die ersten 300km heuer waren schon ein wahrer traum! :biggrin: ;D :lach: :ja:

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Donnerstag, 1. April 2010, 11:05
von Grazer
alle jahre wieder, nein, nicht weihnachten, auch nicht ostern, kein friede-freude-eierkuchen-fest, gar nix dergleichen, sondern: die jagdsaison ist eröffnet!

wie ich drauf komme? recht einfach: sieh dir nur mal die ganzen büchsentreiber und -treiberinnen an! kaum ist für uns biker wieder saisonbeginn und die bikes sind ausgemottet, sind sie auch wieder da, in scharen, und, so wie es scheint, von jahr zu jahr mehr... die hirnlosen und killerinstinktgesteuerten todesschwadrone in ihren blechbüchsen!

blinker? unbekannt... eigentlich könnte ich schon langsam ein tonnenschweres buch über das thema "der blinker, aufzucht und hege eines unbekannten wesens" schreiben, so viele idiotische aktionen kann ich zum besten geben... denn nach wie vor zählt das nicht-blinken zum beliebtesten sport der büchsentreiber... rein in den kreisverkehr, ansatzlos dann die büchse nach rechts reißen, direkt vors vorderrad des herausbeschleunigenden bikers, am besten ohne blinker, ohne irgendwas, aber dafür mit höchster trefferwahrscheinlichkeit...

oder ein anderer punkt: ich hab blech um mich und ein brett vorm kopf, ich hab vorfahrt und du bist tot... was? nie erlebt? etwa jumbo-pilot? noch nie erfahren, wie es sich warm ausbreitet, zur hitze wird und du spürst, wie dir dabei ansatzlos das blut in den adern gefriert, weil der büchsentreiber dir noch frech ins gesicht gegrinst hat, um dann drei meter vor dir plötzlich aus der einfahrt zu springen und dann seine büchse nicht auf die erforderlichen 50 sachen bringt und du so nebenbei auch keinen platz zum ausweichen hast? und, wenn es sich dabei auch noch um eine büchsentreiberin handelt, noch fleißig die handgurke am ohr und ja nicht in einen höheren gang schalten, sondern einfach alles rundum ignorieren... dieses gefühl ist dir unbekannt? na, dann viel spaß, solltest du doch kein jumbo-pilot sein, sondern biker, dann wirst du es auf den nächsten 100km garantiert noch kennen lernen... büchsentreiber sind so! und treiberinnen auf jeden fall auch! (und, um klischees zu bedienen: ganz besonders die blonden... jawoll, ich bin ein verkappter chauvi, ein vorurteilbehafteter kotzbrocken und das ist gut so!!!)

und am lustigsten anzusehen, das sind die hobby-lkw-fahrer, die mit einem übermotorisierten aschenbecher beim abbiegen so weit ausscheren, als hätten sie einen 40-tonner und bräuchten zum rechtsabbiegen auf jeden fall die gegenspur, damit sie mit dem auflieger um's eck kommen! ja, auch solche gibt es zuhauf, vorzugsweise dann auch noch mit einem höllentempo, wo du in der kurve sogar im vorbeifahren die profiltiefe der reifen messen könntest, sogar von allen vieren, ohne daß du beim rundumlaufen ins schwitzen kommst... boah, ich liebe diese straßenkapitäne! und dazu nehme man dann am besten noch jene intelligenzallergiker, die mit parken direkt nach der kurve, am besten sogar im kurvenausgang, das ganze lkw-manöver noch mehr verzögern... oder uns beim abbiegen als blitzhinderniss im weg stehen... weil, es scheppert und knirscht so schön, wenn ein biker im tiefflug über die büchse springt, weil man ja niemals damit rechnen kann, daß an einer kurve auch einer wirklich im bogen kommt und dann die kiste nimmer rechtzeitig sieht, es sei denn, er ist kurvenschmuser und trägt das bike wie einen lkw um's eck...

und natürlich, besonders spannende momente bei schlechter sicht wie regen, nacht oder so sind dabei garantiert, die lichtverweigernden intelligenzallergiker... ist doch spannend, wenn man als biker vom regen überascht wird oder in der nacht von der arbeit heim fährt und einem kommen dann tarnfarbengraue oder tarnfarbenschwarze büchsen in der mitte der straße entgegen, unbeleuchtet, unsichtbar und erst fünf sekunden vor dem einschlag erkennbar... jau, das macht spaß, das gibt den kick!

damit ich auch wirklich nichts vergesse, sehen wir uns gleich mal die raucher in ihren büchsen an: tschick fertig, fenster runter glimmstingel raus und basta! daß dabei ein biker den scheiß in die fresse bekommen könnte, wurscht, geht ihn/sie ja nix an... nur, was würden diese netten zeitgenossen sagen, wenn ich ihnen beim vorfahren eine ziggi ins auto werfen würde??? oder einen sack voll asche und kippen ins auto leere??? würden die das dann auch noch so gelassen sehen???

na also, da sind nun viele, zwar nicht alle, sondern nur viele anzeichen, daß die büchsentreiber wieder die jagdsaison auf uns biker eröffnet haben!

in diesem sinne: haltet das schwarze unten und bleibt cool!

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Donnerstag, 1. April 2010, 22:00
von sani_08
Grazer hat geschrieben:alle jahre wieder ... die jagdsaison ist eröffnet!
... die ganzen büchsentreiber ... die hirnlosen und killerinstinktgesteuerten ...... intelligenzallergiker
Als Persiflage gut gelungen! :lol: :lol:

Die emotionsbedingten Verallgemeinerungen werden aber wohl auch auf der Gegenseite existieren:
Das Schlagwort "Organspender" ist ja nicht ganz grundlos entstanden.
Was ich auf meinen wenigen Jahres-km an wildgewordenen Motorradfahrern erlebe, reicht mir - ehrlich gesagt - völlig.
Das müssen ja wahre Argusaugen sein, mit denen einzelne Biker unterwegs sind: Überholvorgänge (abgesichert durch Röntgenblicke hinter die Kurve/Kuppe etc) und "Schneiden", dass mir beim Zuschauen die Luft wegbleibt usw.
Wenn eine Ausfahrt nur dann glimpflich ausgeht, wenn die Entgegenkommenden mit einer Notbremsung auf den Vorrang verzichten, dann macht sie mir keinen Spaß mehr.

Ich darf mich outen: Ich hab auch schon mal einen Fehler gemacht und damals davon profitiert,
dass der Typ im Gegenverkehr seinen Fahrstreifen nicht bis zur Mittellinie genutzt hat.
Ein wenig Rücksicht auf unserer Seite macht das Leben einfacher und gefahrloser.

Im Moment des Zusammenpralls gilt das Faustrecht!
(d.h. WIR ziehen vermutl. den kürzeren)
MIT Recht tot ist auch tot!

In diesem Sinne: "Die anderen" sind auch Menschen!

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Freitag, 2. April 2010, 10:19
von Grazer
sani_08 hat geschrieben:... "Die anderen" sind auch Menschen!
sollte man ihnen mal sagen, oder??? :twisted: :tongue:

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Mittwoch, 7. April 2010, 11:55
von Grazer
das ewige "ich hab sie nicht gesehen" geht mir so langsam auf die eier! wieso kann keiner ehrlich zugeben, daß er/sie einfach unaufmerksam war? oder einfach ignoriert hat, daß da auch noch ein motorradler unterwegs war? ist es so schlimm, mal ausnahmsweise die wahrheit zu sagen?

ich meine, daß ein motorrad, das von natur aus mit sechs scheinwerfern an der front bestückt ist, eigentlich sehr schwer zu übersehen ist, vor allem, wenn das bike dann noch gute 450kg mit bringt, die sind nun mal auch etwas voluminöser als so ein 50ccm-scheißerchen... und vor allem, wenn man mal darüber nachdenkt, daß man grad mal drei meter von den scheinwerfern entfernt ist, als man beginnt, dem biker knallhart die vorfahrt zu nehmen, in einer situation, wo der biker eigentlich schon beinahe nichts mehr machen kann, da er naturgemäß beim abbiegen doch eine gewisse schräglage einnehmen muß...

klar, man kann im nachhinein, sofern es der biker irgendwie noch überlebt hat, ihm erklären, daß er langsamer hätte fahren müssen, aber entschuldigung, ein biker biegt im regelfall in einem wohngebiet sehr selten mit mehr als knapp über schrittgeschwindigkeit ab, vor allem, wenn er weiß, daß dort auch kinder wohnen... hingegen kann man mit ruhigem gewissen davon ausgehen, daß gut 90% aller autolenkerinnen mit allem möglichen, nur nicht mit dem verkehr vor der nase beschäftigt sind. und das mit sehr oft überhöhter geschwindigkeit... soviel zum naturgegebenen mutterinstinkt von frauen...

immer wieder bekommen wir biker zu hören, daß wir durchwegs alles nur raser und rowdies seien, aber daß auch unter den autolenkern genauso wie unter den lkw-fahrern einige schwarze schafe zu finden sind, wie auhc unter uns bikern, und nicht alle raser und rowdies sind, das hat sich ganz offensichtlich noch nicht herum gesprochen. wer, wenn wir opfer solcher intelligenzverweigernden blindgänger geworden sind, bringt unseren partnern, unseren kindern und auch unseren eltern bei, warum wir "geopfert" wurde? daß wir vielleicht ausnahmsweise regelkonform und rücksichtsvoll unterwegs waren, als wir der ignoranz zum opfer gefallen sind...

man mag es offensichtlich nicht glauben, aber unter uns bikern gibt es sehr viele familienmenschen mit partnern und kindern und auch freunden... ist der gedanke so abwegig? für so manche anderen verkehrsteilnehmer ganz offensichtlich... wobei eigentlich die 83 toten biker aus dem vorjahr in österreich mit vermutlich mehr als der hälfte unschuldig zum handkuß gekommen sind...

sicher mag es für den einen oder anderen so aussehen, als seien wir alles raser, doch bei manchen von uns ist der dreh am gasgriff nur eine fluchtreaktion, weil wir im gegensatz zu anderen nur zwei räder zum überleben haben, was offenbar eine völlig neue erkenntnis zu sein scheint, oder wie erklärt man jene autolenker, die im zickzack unterwegs sind, weil sie grad noch schnell ein sms tippen müssen oder sich grad mal den morgenkaffee (den man üblicherweise entweder daheim oder in der firma mit kollegen genießt) über das dekollete oder die kirchenglocken gegossen haben? und was ist mit den müllfahrern, die ihre halbentleerte kiste ohne plane durch die gegend donnern lassen, wohl wissend, daß der sog den letzten dreck raus saugt und in den gegenverkehr flattern läßt?

und dann kommen diverse verkehrssicherheitsexperten, minister, doktoren und kuratoren daher und faseln irgendwas von wegen miteinander... schreibtischtäter, mehr nicht, sonst würden die sich sicher mal gedanken machen, wie das ganze theater mit straßensperren, tempolimits und sonstigen verboten für menschen der untersten lobbyklasse, nämlich uns bikern, aussieht! aber woher denn auch, weil jeder seinen eigenen chauffeur hat, niemals im leben je auf einem motorrad gesessen oder gar damit gefahren ist und außer heißer luft nix anderes im kopf hat... und weiterhin wird krieg herrschen zwischen den klassen...

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Donnerstag, 15. April 2010, 12:33
von Grazer
hin und wieder, wenn ich so in diversen motorradforen schmökere, dann fällt mir relativ regelmäßig immer wieder so eine abs-diskussion auf...

egal, wie abgedroschen das thema auch sein mag, es kommt regelmäßig wieder, so wie weihnachten, oder ostern oder sylvester... und dann kommen immer wieder die überdrüber-meldungen, warum kein abs und dann halten wieder welche dagegen, welche im abs das absolute allheilmittel gegen menschliche dummheit halten, zumindest erweckt es den anschein...

dann wird die diskussion ausgeweitet auf integralbremsen, kombibremsen, antischlupfregelung, oder neudeutsch traction control, und die ganzen diskussionen, daß man das zeug heutzutage unbedingt braucht... und dann kommen wieder irgendwelche jugendliche heißsporne daher mit ihren behauptungen, sowieso die ganze gesammelte lebensweisheit von uns alten säcken über 40 mit dem löffel gefressen zu haben...

im prinzip sind die ganzen helferleins ja nichts schlechtes, aber auch nur in einem gewissen rahmen gut. nicht in jeder situation bringt z.b. das abs vorteile, es kann auch probleme bringen, die man ohne abs nicht hätte... es gibt nichts, was nur vorteile hat, wie heißt es so schön? wo licht ist, ist auch schatten... und der spruch hat nach wie vor gültigkeit und darüber diskutiert ja auch niemand...

nicht, daß ich jetzt diese helferleins verteufeln wollte, aber auf der anderen seite, ich fahre nun schon seit mehr als 20 jahren auto bzw. motorrad und lebe immer noch, und das alles ohne unterstützende elektronik! zwar bin ich nun deshalb nicht automatisch der bessere fahrer, aber vielleicht einfach eine spur umsichtiger, weil mir eben die helferleins fehlen... und ja, ich geb's offen zu, es gab schon so manchen moment, wo ich mir zum beispiel eine antischlupfregelung gewünscht habe. letztes jahr zum beispiel, als ich mit meiner wing auf einer betonfahrbahn im strömenden regen beschleunigen mußte um in den hauptverkehr ohne zu behindern einspuren zu können, was aber auf grund des irren drehmomentes des sechszylinders beinahe in die hose gegangen wäre... klar, durch diverse fahrsicherheitstrainings gelang es mir trotzdem, und vielleicht auch durch
erfahrung und einer gehörigen portion glück, das dickschiff aufrecht zu halten und sogar in schwung zu bringen, aber gemütlich war das unternehmen keinesfalls, eher das gegenteil...

und das abs, naja, es ist schon lässig, aber bisher hatte ich noch kein einziges mal eine situation, außer beim training, wo ich es auch ernsthaft
gebraucht hätte... oder es mir gar gewunschen hätte! ich hab's nicht und es fehlt mir auch nicht! mit ein bißchen hirn, gefühl und vorsicht schaffe ich es, daß ich in der saison selten öfter als vier mal hart bremsen muß, im alltag, nicht im training... wozu sollte mir also das abs fehlen? nur um ein lämpchen mehr am instrumentenbrett zu haben? aber nicht im ernst...

die ewige argumentation "mit abs kannst lenken beim bremsen" ist sowieso der letzte schrott. wenn ich mit gefühl bremse, kann ich auch lenken beim bremsen, sogar wenn ich hart bremse... und? und sowieso, das folgeargument, daß das ganz gut ist, weil wenn zum beispiel jemand dir die vorfahrt nimmt, oder du ganz plätzlich auf eine kolonne oder einen stau triffst... da soll mir das abs helfen, weil ich kein problem mit lenken beim bremsen habe? aber nicht im ernst, oder? ich meine, was hilft es mir, wenn ich zwar lenken kann beim bremsen, aber es keinen platz gibt, wohin ich mein fahrzeug lenken kann? zum beispiel auf der autobahn, da sind leitschienen, die mir sicher nicht ausweichen, nur weil ich mit abs bremse und dabei lenken kann... wenn nun mal kein platz mehr ist, dann ist eben kein platz, das ist eine unbestreitbare tatsache! oder wenn ich zu schnell in eine kurve gehe, da hilft mir das abs? aber nicht im ernst! weil zu schnell ist eben nun mal zu schnell, und egal, wieviel elektronik, die grenzen der physik werden als grenzen bezeichnet, weil sie unverrückbar sind... zu schnell ist zu schnell und da interessiert es die physik überhaupt nicht, welche elektronik da vorhanden ist... da gibt es so dinge wie den kamm'schen kreis... und der ist das gesetz, das die grenzen beschreibt! aus ende fertig...

mit solchen argumentationen erreicht man bei mir gar nichts, aber schon überhaupt nichts... außer daß ich den verwender solcher argumente für einen idioten halten muß... und daß in mir der verdacht aufkommt, daß da jemand elektronik als hirnersatz sieht...

ein stau auf der autobahn, der ist schon recht weit zu erkennen, selbst wenn er in einer kurve auf der bahn beginnt, sollte ich ja mit etwas hirn nur so schnell sein, daß ich noch rechtzeitig anhalten kann... dann brauche ich aber auch kein abs! und wenn mir jemand die vorfahrt nimmt, klar, gibt es, aber selbst ich ignoranter und sturer alter sack konnte bis dato immer noch so reagieren, daß dabei nichts geschehen ist, okay, mal härter in die eisen, aber das war's dann auch! und dann hupen, schimpfen und fertig... irgendwie spürt man das ja schon vorher, daß da ein idiot daher kommt oder? oder die tante eher in den schminkspiegel sieht als aus dem fenster...

okay, nun mögen mich manche für einen kurvenschmuser oder blümchenpflücker halten, aber ich denke erst mal nicht daran, mich dagegen zu wehren, weil's mir wurscht ist und zweitens kenne ich einige, die gerne mit mir fahren, weil sie mein tempo als angenehm entspannend und dennoch angenehm flott empfinden... und die, die mich kennen, mögen mich, und die anderen können mich...

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Montag, 26. April 2010, 12:43
von Grazer
musik, acdc oder sonst was, so wie blues brothers, ja, das ist genau das, was ein g'standener goldwinger auf seinem eisenroß braucht! das perfekte zubehör zum abschalten und kurvenschwingen, im normalfall halt... und wenn man besitzer einer modernen 1800'er ist, dann ist das heutzutage ja alles kein problem, wechsler auf, cd's rein, wechsler zu und los geht's!

aber was ist, wenn man so eine alte kiste wie meine 1500'er hat? da ist nix mit cd-wechsler, außer der vorbesitzer hatte sich schon einen einbauen lassen... ein anderes radio rein? aber welches? keines ist wasserdicht, keines hat eine displayansteuerung, mit der das display zwischen den rundinstrumenten am instrumentenboard der wing angesteuert werden kann...

die berühmt-berüchtigte digisette? das casettenadapterdings, mit dem man sd-cards mit mp3 gefüttert im casettendeck abspielen kann? klar, und nach zwei stunden ist der akku aus und du sitzt die restlichen acht stunden mit regionalradio auf dem bock, super! und die fm-transmitter? werbungsfreie radiostation, russisch, also ohne werbung, aber im hintergrund immer schneefall in sibirien, einwandfrei erkennbar und absolut beruhigend, und vor allem ideal bei regenfahrten...

nein, das ist alles nichts, auch wenn ich mittlerweilen schon bordsteckdosen montiert hab, aber ein ladekabel ins radio, nein, dann hab ich ja recht schnell im regen hochwasser im casettendeck! kann ich nicht wirklich brauchen, also was bleibt?

also nichts wie an den flohmarkt und mal ein paar casetten finden, möglichst solche, wo musik drauf ist, die ich auch hören möchte, also keine deutschen schlager, trucker- oder country-music, auch nix volksdümmliches aus uromas nachlaß... und dann... dann seh' ich es, das perfekte objekt meiner begierde: ein casettendeck!

das muß man sich einmal vorstellen: heute, im jahr 2010, findet man ein casettendeck (oder altdeutsch "tapedeck") schon auf dem flohmarkt! aber nimmer im media-markt... und leercasetten ebenfalls...

also, das tapedeck für ein paar kröten erstanden (ja, schatz, ich weiß, da hätten wirlocker deine magna volltanken können, aber es muß sein!), ins topcase verfrachtet und daheim das schätzchen an das surroundsystem angeschlossen... und jetzt kann's los gehen, musik liegt in der luft, man kann es richtig fühlen! und riechen... mist, da schmort was... shit, staub auf dem netzteil, also abstecken und ausblasen und anstecken und... a ruh' ist!

okay, leercasetten durchspulen und prüfen, da kommen richtig jugenderinnerungen hoch! blöd nur, als junior fragt, was das denn ist und ob man das auch in den ipod rippen kann... was in drei teufels nahmen ist ein ipod? das nennt man immer noch eiertopf und steht in der küche, und da kommen meine casetten nie und nimmer rein, weder gerippt noch glatt, verstanden? er zieht ab... komischerweise kopfschüttelnd... warum auch immer, mir doch wurscht (mein lieblingswort, da ist es wieder!)...

so, jetzt die cd in den player... verstärker umgeschaltet, tapedeck auf aufnahme, aussteuerregler auf 5, das sollte reichen und start!

was? nur brumm, nix musik, ja fixkruzetürkenzumteufelnochmal was ist denn jetzt los? die cd ist normal hörbar, aber auf der mc ist nur schrott? verflixt und zugenäht, was soll denn das? blätter... blätter... blätter...

aaah, wenn der dvd-player, ja, den sollte man doch auf analogausgang programmieren, dann hört auch das tapedeck was, digital kommt nur brumm aufs tape, der prozessor vom verstärker baut alles auf musik um...

ja genau, das war's... testaufnahme probehören auf der wing und dann legt der alte erst so richtig los, acdc, jethro tull, texas, blues brothers... menschenskind, da gehen viele casetten ins topcase... da kann man ja durch ganz europa fahren, ohne daß man eine casette doppelt hören muß...

alles muß stilgerecht sein, und praktisch! und das hab' ich jetzt, das einzige anachronistische ist das navi... aber zur sicherheit hab' ich sowieso immer die straßenkarten im kartenhalter...

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Montag, 3. Mai 2010, 11:48
von Grazer
es ist immer wieder das selbe: kaum beginnt die motorradsaison, werden wir biker aufgefordert, auf die autofahrer rücksicht zu nehmen, weil sie noch nicht darauf vorbereitet sind, die straße mit uns bikern zu teilen... wie im dezember, wenn wieder hunderte, ach, tausende von autofahrern vom ersten schnee in europa überascht werden... oder abends, wo wieder massig autofahrer von der ersten dunkelheit des tages überascht werden...

oder, mal nett formuliert, wie weihnachten... einmal im jahr... saisonbeginn! das sind dann aber auch jene momente, wo ich mich frage, warum da irgendwelche hirnverbrannten oberschlaumeier in beide richtung durchsichtige fenster eingebaut haben, wenn sie sowieso nicht benutzt werden... und mangels reflexion sind die dingers ja nicht mal als schminkspiegel brauchbar! und außerdem stellen sie eine erhöhte gefahr durch splitterflug beim einschlagen eines abgeschossenen bikers dar! das gehört ja dringendst geändert! also, weg mit fenstern, laßt uns glas einbauen! dann sind aber bezeichnungen wie windschutzscheibe, thermoverglasung etc. leicht daneben und irgendwie ein bißchen sinnlos, zumindest inhaltsfrei... nennen wir das dann windschutzblech? oder thermoplatte?

allein die vorstellung, welche möglichkeiten der künstlerischen gestaltung bei massivblechwindschutzplatten da gegeben wäre... airbrush, böser blick als aufkleber, massivholzimitate in wetterfester ausführung für sternenkreuzer, mattschwarz mit carbondekor für die herrn der ringe, mit sonnenblumendekor für beatles oder in riffelblech als reminiszenz an den altehrwürdigen issigonis und seine schöpfung...

da hätten wir ja richtigen aufschwung für eine neue industrie! das müßte man ja direkt nutzen, denn der ursprüngliche sinn und zweck von scheiben an einem fahrzeug ist offenbar schon lange entschwunden... hinausschauen und den verkehr beobachten, daraus vielleicht verhaltensänderungen ableiten, nein, das ist heute nicht mehr in, das brauchen wir nimmer, da warnen wir am besten jedes jahr von märz bis dezember alle biker vor den autofahrern! am besten, die autos müßten im falle einer bewegung knallorange oder für fahrzeuge des öffentlichen dienstes knallgelbe signalwesten tragen... wie so manche eidgnössische zweiradler...

das wär's! warnwesten für autos, scheiben mit dekor und dicken rundumgummileisten wie beim kinderautodrom! oder um den ehrwürdigen gröni zu zitieren: kinder an die macht! und alle straßen umbauen zu alleen mit gummibäumen, damit sich wirklich keiner mehr verletzen kann, dann brauchen wir keine leitschienen mehr, nix mehr... nur hin und wieder müßten wir ein paar coole kurven für suizidgefährdete, motorisierte, zweirädrige organspender bauen... und da könnten wir dann fahrverbot für mehrspurige und recyclingstationen für leitschienen machen! und alle wären glücklich und zufrieden! mit den die saison überlebenden bikern wäre dann die nachfolgende saison gesichert, der organhandel könnte aufgestockt werden und die warnwestenindustrie bekäme den ihr zustehenden aufschwung, auch ohne schweizer...

und über kurz oder lang bräuchte man die autofahrer nicht wie bisher jedes frühjahr vor den in rudeln auftretenden biker zu warnen, manche müßten halt ihre siganturen in den internetforen von "biker töten nicht, biker werden getötet!" auf "biker sind jetzt alle tot!" und in zehn jahren auf "weiß noch jemand, was biker waren?" ändern, aber das wäre, aus der sicht aller aktuell jetzt schon hirnlos umherirrenden sardinendoseneigner das geringste übel, oder?

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Montag, 3. Mai 2010, 14:24
von Ewald
wie wahr. :D

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Montag, 3. Mai 2010, 17:10
von sani_08
:lol: :lol: :lol:

Re: aus dem tagebuch eines alten bikers

Verfasst: Montag, 3. Mai 2010, 18:19
von Brigitte und Martin
!" und in zehn jahren auf "weiß noch jemand, was biker waren?"
langsam Gerhard, weil in 10 Jahren möchte ich mir ein neues Bike kaufen und nicht in Memoiren schwelgen.

Gut geschrieben Danke für die Zeilen :wink: